Der Wert der Weisheit
1
Was braucht der Mensch nach Dingen zu forschen, die für ihn zu hoch sind, da er nicht weiß, was ihm frommt in seinem Leben für die wenigen Tage seiner Wanderschaft, in der Zeit, welche wie ein Schatten vorübergeht? Oder wer kann ihm Kunde geben von dem, was nach ihm unter der Sonne sein wird?
2
Ein guter Name ist kostbarer als Salben und der Tag des Todes besser als der Tag der Geburt.
3
Besser ist es, in ein Trauerhaus zu gehen als in ein Haus des Trinkgelages, denn in jenem wird man an das Ende aller Menschen erinnert und der Lebende denkt an das, was kommen wird.
4
Besser ist Zürnen als Lachen, denn durch ein trübes Angesicht wird des Fehlenden Herz gebessert.
5
Das Herz der Weisen ist dort, wo Traurigkeit ist, und das Herz der Toren da, wo Lustigkeit ist.
6
Besser ist es, von einem Weisen zurechtgewiesen als durch Schmeichelei der Toren betrogen zu werden.
7
Denn wie das Knistern der Dornen, die unter dem Topfe brennen, so ist das Lachen des Toren, aber auch das ist Eitelkeit!
8
Erpressung macht den Weisen töricht und raubt ihm die Stärke des Herzens.
9
Besser ist das Ende einer Sache als ihr Beginn, besser ist der Geduldige als der Hochmütige.
10
Lass dich nicht leicht zum Zorne hinreißen, denn der Zorn hat seinen Ruheplatz im Busen der Toren.
11
Sage nicht: Wie kommt es doch, dass die früheren Zeiten besser waren als die jetzigen? Denn eine solche Frage ist töricht.
12
Weisheit ist nützlich wie Reichtum und noch mehr nützt sie denen, welche die Sonne sehen.
13
Denn wie die Weisheit Schutz gewährt, gewährt auch das Geld Schutz; aber darin hat Erfahrung und Weisheit den Vorzug, dass sie ihren Besitzer Leben geben.
14
Betrachte das Wirken Gottes, wie niemand den bessern kann, welchen er verwirft.
Die Grenzen der menschlichen Weisheit
15
Am guten Tage erfreue dich des Guten und bereite dich auf den schlimmen vor; denn so wie diesen, hat Gott auch jenen geschaffen, damit der Mensch keine gerechte Ursache finde, über ihn zu klagen.
16
Auch dies sah ich in den Tagen meiner Eitelkeit: Der Gerechte stirbt in seiner Gerechtigkeit und der Gottlose lebt lange in seiner Bosheit.
17
Sei nicht allzu gerecht und nicht weiser als nötig ist, damit du nicht ein Tor werdest.
18
Sündige nicht viel und sei kein Tor, dass du nicht sterbest, ehe deine Zeit gekommen.
19
Gut ist es, wenn du dich an das hältst, was recht ist, doch auch von jenem ziehe die Hand nicht zurück; denn wer Gott fürchtet, verabsäumt nichts.
20
Die Weisheit gibt dem Weisen mehr Stärke als zehn Machthaber in einer Stadt.
21
Denn es gibt auf Erden keinen Gerechten, der nur Gutes täte und nicht sündigte.
22
Jedoch nimm nicht alles Gerede zu Herzen, du möchtest dich sonst von deinem Knecht lästern hören;
23
ist ja dein Gewissen sich bewusst, dass auch du oft andere gelästert hast.
24
Alles habe ich mit Weisheit erprobt. Ich sprach: Ich will weise werden; aber sie entwich fern von mir,
25
viel weiter als zuvor; sie ist ein tiefer Abgrund; wer wird sie finden?
26
Ich durchforsche alles mit meinem Geiste, um Weisheit und Klugheit kennen zu lernen und zu erschauen und damit ich des Toren gottloses Wesen erkannte und den Irrtum der Unweisen;
27
und ich fand, dass bitterer als der Tod ein Weib ist, welches ein Fanggarn ist, dessen Herz ein Netz ist und dessen Hände Fesseln sind. Wer Gott gefällt, wird ihr entkommen; wer aber ein Sünder ist, wird von ihr gefangen werden.
28
Siehe, das fand ich, spricht der Prediger, eines zum anderen fügend, damit ich den rechten Grund fände,
29
den meine Seele noch sucht und den ich nicht gefunden habe. Einen Mann habe ich unter tausenden gefunden, ein Weib habe ich unter allen nicht gefunden.
30
Nur dies habe ich gefunden, dass Gott den Menschen recht geschaffen hat, dieser sich aber in unzählige Fragen verwickelt hat. Wer ist wie der Weise und wer versteht sich darauf ein Wort zu deuten?