Das Wort Bin Ich

Der Psalter (Psalmen)

Volksbibel 2000

- Kapitel 22 -

Der Psalm vom Kreuz

(Matthäus 27,32-56; Markus 15,21-41; Lukas 23,26-43; Johannes 19,16-30)
1
[Dem Chormeister; nach der Melodie: "Hirschkuh der Morgenröte"; ein Psalm von David.] Mein Gott! Mein Gott! Warum hast du mich verlassen? Bleibst fern meinen Schreien, dem Stöhnen, Gestammel?
2
Mein Gott, ich rufe bei Tag - du aber gibst keine Antwort. Bei Nacht, doch du achtest nicht meiner.
3
Du aber bist der Heilige, der über Israels Lobpreis thront!
4
Auf dich haben unsere Väter vertraut, sie vertrauten auf dich, und du hast sie gerettet.
5
Sie riefen zu dir und wurden befreit. Sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.
6
Doch ich - ein Wurm bin ich, kein Mensch; der Leute Gespött, vom Volk verachtet!
7
Wer mich erblickt, der lacht über mich, schürzt die Lippen, schüttelt den Kopf:
8
"Auf den Herrn hat er vertraut, der mag ihn retten! - Der soll ihm helfen; er hat ihn ja lieb!"
9
Ja, du ließest mich aus dem Mutterschoß kommen, bargst mich an meiner Mutter Brust.
10
Von Kind an bin ich auf dich gestellt, vom Schoß meiner Mutter an bist du mein Gott.
11
Bleib mir nicht fern! Denn nah ist die Not, und niemand ist, der mir hülfe.
12
Mächtige Stiere umringen mich. Mich umdrängen Büffel vom Baschan.
13
Den Rachen reißen sie gegen mich auf - wie reißende, brüllende Löwen.
14
Ich bin hingegossen wie Wasser. Verrenkt sind all meine Glieder. Mein Herz ward wie Wachs, es schmilzt mir in der Brust.
15
Ausgetrocknet wie eine Scherbe ist meine Kehle, die Zunge klebt mir am Gaumen; hast du mich gebettet auf dem Staub des Todes.
16
Ja, eine Hundemeute umringt mich. Die Rotte von Frevlern umlagert mich. Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt.
17
All mein Gebein kann ich zählen. An meinem Anblick weiden sie sich.
18
Meine Kleider verteilen sie unter sich, werfen das Los um mein Gewand.
19
Doch du, Herr, bleibe nicht fern! Du mein Stärke, komm mir zu Hilfe!
20
Errette vom Schwert meine Seele, aus der Pranke des Hundes mein einziges Gut!
21
Entreiße mich dem Rachen der Löwen, den Hörnern der Büffel! - - - Du hast mich erhört!
22
Deinen Namen will ich meinen Brüdern verkünden, dich preisen inmitten der Gemeinde.
23
"Die den Herrn ihr verehrt, singt ihm Lob! Ehrt ihn, ihr alle aus Jakobs Stamm! Fürchtet ihn, ihr Nachkommen Israels!"
24
Denn er hat nicht verachtet, hat nicht verschmäht das Elend des Dulders. Er hat nicht verborgen sein Antlitz vor ihm, als er aufschrie zu ihm, erhörte er ihn.
25
Dir gilt mein Lobpreis in großer Gemeinde! Mein Gelübde will ich vor seinen Verehrern erfüllen!
26
Dann essen die Armen und werden satt. Dann preisen den Herrn, die ihn suchen. - Ihr Herz soll leben für immer!
27
Es werden daran denken und zum Herrn sich bekehren alle Enden der Erde. Anbetend werden sich niederwerfen vor dir alle Geschlechter der Völker.
28
Denn des Herrn ist das Reich. Er ist der Herrscher der Völker.
29
Vor ihm allein werden niedersinken alle Fürsten der Erde. Vor ihm werden sich beugen alle, die niederfahren zum Staub. Ihm, der dahingab sein Leben,
30
wird dienen die Nachwelt. Dem künftigen Geschlecht wird man vom Herrn erzählen,
31
seine Güte künden dem kommenden Volk - denn das Werk vollbracht hat er!