Das Wort Bin Ich

Das zweite Buch der Könige

Volksbibel 2000

- Kapitel 6 -

Der schwimmende Axtkopf

1
Eines Tages sagten die Prophetenjünger zu Elischa: "Sieh doch, der Raum, den wir hier bei dir bewohnen, ist zu eng für uns!
2
Wir wollen an den Jordan gehen, dort jeder einen Balken holen und uns hier eine Wohnstätte herrichten." Er antwortete: "Geht ruhig hin!"
3
Doch einer bat: "Sei so gut und gehe mit deinen Dienern!" Er erwiderte: Gut, ich gehe mit."
4
Er ging also mit ihnen. Als sie zum Jordan gekommen waren, fällten sie Holz.
5
Während einer einen Balken ausschlug, fiel ihm das Eisen ins Wasser. Er schrie auf und rief: "O weh, Herr! Es ist noch dazu geborgt!"
6
Der Gottesmann aber fragte: "Wohin ist es gefallen?" Jener zeigte ihm die Stelle. Er schnitt sich nun ein Stück Holz zurecht, warf es dorthin und brachte so das Eisen zum Schwimmen.
7
Dann sagte er: "Hole es dir heraus!" Der streckte die Hand aus und ergriff es. -

Die geblendeten Syrer werden gefangen genommen

8
Als der König von Aram mit Israel Krieg führte, traf er mit seinen Dienern folgende Vereinbarung: "An dem und dem Ort sollt ihr euch lagern!"
9
Doch der Gottesmann sandte zum König von Israel und ließ ihm sagen: "Hüte dich, an jenem Ort vorüberzuziehen! Denn dort liegen die Aramäer."
10
Der König von Israel schickte also an den Ort, den ihm der Gottesmann bezeichnet hatte. Jedesmal, wenn er ihn warnte, sah er sich vor. Dies geschah öfter so.
11
Darüber geriet der König von Aram in Zorn. Er berief seine Diener und fragte sie: "Könnt ihr mir nicht angeben, wer von uns es mit dem König von Israel hält?"
12
Einer von seinen Dienern antwortete: "So ist es nicht, mein Herr und König, sondern Elischa, der Prophet in Israel, teilt dem König von Israel sogar die Worte mit, die du in deinem Schlafgemach redest."
13
Da befahl er: "Geht, seht zu, wo er sich aufhält, damit ich hinschicken und ihn ergreifen lassen kann!" Man berichtete ihm, er sei in Dotan.
14
Er schickte daher Roß und Wagen und eine starke Kriegsschar dorthin. Diese kamen bei Nacht an und umzingelten die Stadt.
15
Als nun der Diener des Gottesmannes in der Frühe sich erhob und hinaustrat, lag rings um die Stadt eine Kriegsschar mit Rossen und Wagen. Sein Diener fragte ihn: "Wehe, Herr, was sollen wir tun?"
16
Doch dieser erwiderte: "Fürchte dich nicht! Denn derer, die auf unserer Seite sind, sind es mehr als derer, die auf ihrer Seite stehen."
17
Nun betete Elischa: "Herr, öffne ihm die Augen, damit er sieht!" Da öffnete der Herr dem Diener die Augen, und er sah, wie der Berg rings um Elischa voll von feurigen Rossen und Wagen war.
18
Als nun die Feinde gegen ihn heranrückten, betete Elischa zum Herrn: "Schlage diese Leute mit Blindheit!" Und er schlug sie mit Blindheit, wie Elischa es erbeten hatte.
19
Hierauf wandte sich Elischa an sie: "Das ist nicht der rechte Weg, und dies ist nicht die rechte Stadt. Folgt mir! Ich will euch zu dem Mann führen, den ihr sucht." Und er führte sie nach Samaria.
20
Als sie nach Samaria gekommen waren, betete Elischa: "Herr, öffne ihnen nun die Augen, daß sie sehen!" Der Herr öffnete ihnen die Augen, und sie sahen sich plötzlich mitten in Samaria.
21
Als der König von Israel sie erblickte, fragte er Elischa: "Mein Vater, soll ich sie niederhauen lassen?"
22
Doch er entgegnete: "Nein! Willst du die niederhauen, die du nicht mit deinem Schwert und Bogen gefangen hast? Setze ihnen Speise und Trank vor, damit sie essen und trinken! Dann mögen sie heimziehen zu ihrem Herrn."
23
Er ließ ihnen also ein großes Mahl bereiten, und sie aßen und tranken. Dann entließ er sie, und sie kehrten zu ihrem Herrn zurück. Von der Zeit an fielen keine aramäischen Streifscharen mehr in israelitisches Gebiet ein.

Syrien belagert Samaria in der Hungersnot

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Später zog Ben-Hadad, der König von Aram, seine ganze Streitmacht zusammen, rückte vor Samaria und belagerte es.
25
Es entstand eine schreckliche Hungersnot in Samaria. Sie belagerten es so lange, bis ein Eselskopf achtzig Silberschekel und ein Viertel Kab Weißmehl fünf Silberschekel kostete.
26
Als der König von Israel einmal auf der Mauer einherging, rief ihm eine Frau zu: "Hilf mir, mein Herr und König!"
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Er antwortete: "Wenn der Herr dir nicht hilft, wie sollte ich dir helfen? Etwa mit einer Gabe von der Tenne oder von der Kelter?"
28
Und der König fragte sie: "Was hast du?" Sie antwortete: "Die Frau da hat zu mir gesagt: Gib dein Kind her, wir wollen es heute essen! Mein Kind wollen wir dann morgen verzehren.
29
Wir kochten also mein Kind und aßen es auf. Als ich aber am folgenden Tag zu ihr sagte: Gib nun dein Kind her, damit wir es essen, da versteckte sie ihr Kind."
30
Als der König die Worte der Frau hörte, zerriß er seine Kleider. Da er auf der Mauer dahinschritt, sah das Volk, daß er darunter auf dem bloßen Leib Sacktuch trug.
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Und er rief aus: "Möge Gott mich strafen, wie er will, wenn der Kopf des Elischa, des Sohnes Schafats, noch heute auf ihm sitzenbleibt!"
32
Elischa befand sich in seinem Haus, während die Ältesten bei ihm weilten. Da sandte der König einen Mann voraus. Doch bevor der Bote bei ihm eintraf, sagte Elischa zu den Ältesten: "Seht, da schickt er diesen Mordgesellen, um mir den Kopf abhauen zu lassen! Gebt acht! Sobald der Bote kommt, schließt die Tür und stemmt euch mit der Tür gegen ihn! Ist nicht schon der Schall der Schritte seines Herrn hinter ihm vernehmbar?"
33
Während er noch mit ihnen redete, trat auch schon der König bei ihm ein und sagte: "Wenn der Herr solches Unheil verhängt, wie soll ich da noch auf den Herrn hoffen?"