Das Wort Bin Ich

Der Psalter (Psalmen)

Volksbibel 2000 :: Allioli - Arndt Bibel

- Kapitel 102 -

Das Gebet der Betrübten

1
[Gebet eines Bedrückten, wenn er verzagt ist und vor dem Herrn seinen Kummer ausschüttet.] Herr, höre mein Flehen! Laß zu dir kommen mein Rufen!
2
Verbirg nicht dein Antlitz vor mir! Neige mir dein Ohr in der Trübsal! Erhöre mich sogleich am Tag, da ich rufe!
3
Denn wie Rauch schwinden hin meine Tage. Wie ein Feuer glühen meine Glieder.
4
Mein Herz ist wie Gras, das gemäht und verdorrt. Selbst mein Brot vergaß ich zu essen.
5
Von meinem lauten Stöhnen bin ich entkräftet, an meinen Knochen klebt meine Haut.
6
Ich bin wie der Pelikan in der Wüste, wie die Eule in ödem Gemäuer.
7
Es flieht mich der Schlaf, und ich klage, einsam bin ich wie ein Vogel auf dem Dachfirst.
8
Tagtäglich schmähen mich meine Feinde. Die mich verhöhnen, nennen beim Fluchen meinen Namen.
9
Asche esse ich wie Brot und mische meinen Trank mit Tränen,
10
deines Grolls und deines Grimms wegen, denn du hast mich emporgehoben und zu Boden geworfen.
11
Meine Tage sind wie der fliehende Schatten. Doch ich verdorre wie Gras.
12
Du aber, Herr, thronst auf ewig. Dein Name währt von Geschlecht zu Geschlecht.
13
Du wirst dich erheben, dich Zions erbarmen: Die Stunde, ihm Gnade zu bringen, fürwahr, die Stunde ist da! -
14
Auch deine Knechte lieben seine Steine, und Trübsal erfaßt sie wegen seiner Trümmer. -
15
Dann werden die Völker fürchten den Namen des Herrn, alle Könige der Erde deine Herrlichkeit,
16
wenn nämlich der Herr Zion wieder erbaut und sich offenbart im Glanz;
17
wenn er der Armen Flehen erhört und ihr Gebet nicht verachtet.
18
Man schreibe dies auf für das künftige Geschlecht, daß ein neuerschaffenes Volk den Herrn lobpreise:
19
"Hergeschaut hat er von seiner heiligen Höhe. Vom Himmel hat der Herr zur Erde geblickt,
20
der Gefangenen Ächzen zu hören, zu befreien die Kinder des Todes,
21
daß man den Namen des Herrn künde in Zion und seinen Ruhm in Jerusalem,
22
wenn alle Völker und Königreiche sich dort versammeln, zu dienen dem Herrn." -
23
Er hat auf dem Weg gebrochen meine Kraft, er hat verkürzt meine Tage.
24
Ich sprach: "O mein Gott, nimm mich nicht weg in der Mitte des Lebens, du, dessen Jahre überdauern Geschlecht um Geschlecht!
25
Vorzeiten hast du die Erde gegründet, das Werk deiner Hände sind die Himmel.
26
Sie werden vergehen, du aber bleibst! Sie alle altern wie ein Gewand. Du wechselst sie wie ein Kleid. - Sie zerfallen.
27
Du aber bleibst derselbe; deine Jahre haben kein Ende.
28
In Sicherheit werden wohnen die Söhne deiner Knechte; ihr Stamm bleibt vor dir bestehen.

Das Gebet der Betrübten

1
Gebet eines Armen, wenn er in Ängsten ist und vor dem Angesichte des Herrn seine Klage ausschüttet.
2
O Herr! erhöre mein Gebet und lass mein Rufen zu dir kommen!
3
Wende dein Angesicht nicht von mir ab; wann immer ich in Trübsal bin, neige dein Ohr zu mir; wann immer ich dich anrufe, erhöre mich alsbald!
4
Denn meine Tage sind hingeschwunden wie Rauch und mein Gebein ist verdorrt wie dürres Reis.
5
Ich bin versengt wie Gras und mein Herz ist verdorrt, denn ich vergesse, mein Brot zu essen.
6
Ob meines lauten Seufzens klebt mein Gebein an meinem Fleische.
7
Ich gleiche dem Pelikan in der Wüste, ich bin wie eine Eule in öder Behausung.
8
Ich bin schlaflos und wie ein einsamer Sperling auf dem Dache.
9
Beständig höhnen mich meine Feinde, und die mich zuvor lobten, verschwören sich nun wider mich.
10
Denn ich esse Asche wie Brot und mische meinen Trank mit Tränen
11
wegen deines Zornes und deines Grimmes, denn du hobst mich empor und schleudertest mich nieder.
12
Meine Tage schwinden dahin wie ein Schatten und ich verdorre wie Gras.
13
Du aber, o Herr! bleibst in Ewigkeit, und dein Andenken währt von Geschlecht zu Geschlecht.
14
Du wirst dich erheben, dich Sions zu erbarmen; denn es ist Zeit dich seiner zu erbarmen, ja, die Zeit ist gekommen.
15
Denn seine Diener haben seine Steine lieb und sie tragen Leid über seinen Schutt.
16
Und die Völker werden deinen Namen fürchten, Herr! und alle Könige der Erde deine Herrlichkeit.
17
Denn der Herr wird Sion aufbauen und wird in seiner Herrlichkeit erscheinen.
18
Er wird sich dem Gebet der Demütigen zuwenden und ihr Flehen nicht verschmähen.
19
Aufgeschrieben werde dies dem kommenden Geschlechte und das Volk, das geschaffen werden soll, preise den Herrn,
20
dass er von seiner heiligen Höhe herabgeschaut, der Herr vom Himmel auf die Erde herabgeblickt hat,
21
um das Seufzen der Gefangenen zu hören, um die Kinder der Erschlagenen zu befreien;
22
auf dass sie in Sion den Namen des Herrn verkünden und sein Lob in Jerusalem,
23
wenn die Völker dort allzumal zusammenkommen und die Könige, um den Herrn zu dienen.
24
Er antwortete ihm inmitten seiner Kraft: Tue mir die geringe Zahl meiner Tage kund!
25
Rufe mich nicht ab in der Hälfte meiner Tage, von Geschlecht zu Geschlecht währen deine Jahre.
26
Im Anbeginn hast du, o Herr! die Erde gegründet und das Werk deiner Hände sind die Himmel.
27
Sie werden vergehen, du aber bleibst; sie alle werden wie ein Kleid veralten und wie ein Gewand wirst du sie wechseln und sie werden verändert.
28
Du aber bist stets derselbe und deine Jahre nehmen kein Ende.
29
Die Kinder deiner Diener werden wohnen und ihre Nachkommen werden beständig bleiben.