Gottes enttäuschter Weinberg
(Lukas 13,6-9)
1
Ich will meinem Geliebten singen, ein Lied meines Geliebten von seinem Weinberge. Mein Geliebter hatte einen Weinberg auf einem fruchtbaren Hügel.
2
Und er umzäunte ihn, las die Steine aus demselben heraus und bepflanzte ihn mit edlen Reben, haute einen Turm mitten in ihm und richtete eine Kelter in ihm her und erwartete, dass er Trauben brächte; aber er brachte Herlinge.
3
Nun also, ihr Bewohner von Jerusalem, ihr Männer von Juda, richtet zwischen mir und meinem Weinberge!
4
Was ist es, was ich meinem Weinberge noch hätte tun sollen und nicht getan habe? Oder warum habe ich erwartet, dass er Trauben brächte, und er hat Herlinge gebracht?
5
So will ich euch nun verkünden, was ich meinem Weinberge tun werde: Wegnehmen werde ich seinen Zaun, dass er verwüstet werde, niederreißen seine Mauer, dass er zertreten werde.
6
Und ich will ihn wüste machen; nicht soll er beschnitten und nicht umgegraben werden, Disteln und Dornen sollen ihn überwuchern und den Wolken werde ich gebieten, dass sie keinen Regen auf ihn fallen lassen.
7
Denn der Weinberg des Herrn der Heerscharen ist das Haus Israel und die Männer Judas seine liebliche Pflanzung. Ich erwarte, dass er Recht übte, und siehe, er tat Unrecht; dass er Gerechtigkeit übte, und siehe, da war Jammergeschrei.
Bevorstehendes Gericht über Exzesse
8
Wehe euch, die ihr Haus an Haus reihet und Acker zu Acker fügt, bis kein Platz mehr bleibt! Wollt ihr denn allein wohnen inmitten des Landes?
9
Dies kam zu meinen Ohren, spricht der Herr der Heerscharen. Wahrlich, die vielen Häuser sollen öde werden, die großen und schönen ohne Bewohner sein!
10
Denn zehn Morgen Weinberg sollen nur ein Maß geben und dreißig Scheffel Aussaat nur drei Scheffel bringen.
11
Wehe euch, die ihr früh aufsteht, um euch der Trunkenheit zu ergeben und zu zechen bis zum Abend, dass ihr vom Weine glühet!
12
Zither und Laute, Pauke, Flöte und Wein sind bei euern Gelagen; aber auf des Herrn Tun achtet ihr nicht und auf die Werke seiner Hände seht ihr nicht.
13
Deshalb wird mein Volk gefangen weggeführt, weil es keine Einsicht hatte, und seine Vornehmen sterben vor Hunger, seine Menge verschmachtet vor Durst.
14
Daher dehnt die Unterwelt ihre Gier aus und sperrt ihren Schlund auf ohne Maß und hinunter zu ihr fahren seine Helden und sein Volk, seine Großen und seine Herrlichen.
15
Und hinab zu ihr werden die Menschen gebeugt und erniedrigt die Männer und die Stolzen werden gedemütigt.
16
Aber der Herr der Heerscharen wird im Gericht erhöht und Gott, der heilige, erweist sich heilig in Gerechtigkeit.
17
Und die Lämmer weiden nach ihrer Weise und verödete Stätten, die wieder fruchtbar geworden, zehren Fremde auf.
18
Wehe euch, die ihr an dem Unrecht zieht mit den Stricken des Truges, und wie ein Wagenseil ist die Sünde!
19
Die ihr sprecht: Es eile und schnell komme sein Werk, dass wir es sehen; es nahe sich und trete ein der Ratschluss des Heiligen Israels, dass wir ihn erfahren!
20
Wehe euch, die ihr das Böse gut und das Gute bös nennt, die ihr Finsternis zu Licht und Licht zu Finsternis, bitter zu süß und süß zu bitter macht!
21
Wehe euch, die ihr weise in euern eigenen Augen und vor euch selbst klug seid!
22
Wehe euch, die ihr Helden seid im Weintrinken und tapfere Männer, wenn es gilt, berauschendes Getränk zu mischen,
23
die ihr den Bösewicht schuldlos erklärt und dem Gerechten sein Recht entzieht.
24
Darum, wie des Feuers Zunge Stoppeln frisst und der Flamme Glut sie verzehrt, so soll ihre Wurzel zu Asche werden und ihr Spross wie Staub auffliegen; denn sie haben das Gesetz des Herrn der Heerscharen verworfen und den Ausspruch des Heiligen Israels gelästert.
25
Deshalb ist der Zorn wider sein Volk ergrimmt; er streckt seine Hand über dasselbe aus und schlägt es, dass die Berge beben und ihre Leichen wie Kot inmitten der Straßen liegen. Und bei alledem hat sich sein Grimm nicht abgewendet, sondern seine Hand bleibt noch ausgestreckt.
26
Und er wird für die Völker in der Ferne ein Panier erheben und wird ihn herbeirufen von den Enden der Erde, und siehe, eilends kommt er alsbald.
27
Kein Schwacher oder Kranker ist unter ihnen; er schlummert und schläft nicht, der Gürtel seiner Lenden löst sich nicht noch zerreißt ein Riemen seines Schuhes.
28
Seine Pfeile sind geschärft und alle seine Bogen gespannt. Seiner Rosse Hufe sind wie Kiesel und seine Räder wie Sturmesbrausen.
29
Sein Gebrüll ist wie das Gebrüll des Löwen, er brüllt wie junge Löwen; er knirscht und fasst die Beute, hält sie und niemand kann sie ihm entreißen.
30
Es braust über selbes an jenem Tage, wie Meerestosen. Wir schauen auf das Land, siehe da Finsternis der Drangsal und das Licht ist erloschen in deren Dunkel.