Das Wort Bin Ich

Das erste Buch Mose: Genesis

Allioli - Arndt Bibel von 1914

- Kapitel 41 -

Die Träume des Pharao

1
Zwei Jahre darauf hatte Pharao einen Traum. Es war ihm, er stehe am Strome,
2
und aus diesem stiegen sieben Kühe empor, überaus schön und fett; und sie weideten in den feuchten Gefilden.
3
Nach ihnen stiegen sieben andere Kühe aus dem Strome auf, hässlich und abgemagert; und sie weideten am Ufer des Stromes, auf grünenden Auen,
4
und verschlangen die Kühe, die wunderbar schön von Aussehen und fetten Leibes waren. Da erwachte Pharao.
5
Als er wieder eingeschlafen war, hatte er einen zweiten Traum: Sieben Ähren wuchsen auf einem Halme, voll und schön.
6
Nach ihnen sproßten sieben andere Ähren, dünn und vom Glutwind verbrannt auf
7
und verschlangen die vorigen schönen Ähren. Da erwachte Pharao aus seinem Schlafe,
8
und als es Morgen geworden war, sandte er, von Schrecken überwältigt, zu allen Wahrsagern und allen Weisen Ägyptens, ließ sie kommen, und erzählte ihnen seinen Traum. Doch keiner war da, der ihn ausgelegt hätte.
9
Da erst erinnerte sich der Obermundschenk und sprach: Ich bekenne mein Vergehen:
10
Als der König auf seine Knechte zürnte, ließ er mich und den Oberbäcker in den Kerker des Anführers der Leibwache werfen.
11
Dort hatten wir beide in einer Nacht einen Traum, der Künftiges bedeutete.
12
Nun war daselbst ein hebräischer Jüngling, ein Diener eben des Befehlshabers der Leibwache; diesem erzählten wir unsere Träume,
13
und wir hörten genau das, was nachher der Ausgang bestätigte; denn ich wurde wieder in mein Amt eingesetzt, und jener ward an das Kreuz gehängt.
14
Da ward Joseph zugleich auf das Geheiß des Königs aus dem Kerker herausgeführt, und nachdem sie ihn geschoren und ihm andere Kleider angetan hatten, brachten sie ihn vor den König.
15
Dieser sprach zu ihm: Ich habe Träume gehabt, und es ist keiner da, der sie auslegen kann. Nun habe ich von dir gehört, dass du sie sehr weise deutest.
16
Da antwortete Joseph: Nicht ich vermag es, Gott wird Pharao Heil bringende Antwort geben.
17
Nun erzählte Pharao, was er gesehen hatte: Es war mir, als stünde ich am Ufer des Flusses;
18
da stiegen sieben Kühe aus dem Strome herauf, überaus schön und fetten Leibes, diese weideten das feuchte Ufergras ab.
19
Und siehe, nach ihnen stiegen sieben andere Kühe herauf, so hässlich und mager, wie ich solche im Lande Ägypten niemals gesehen habe.
20
Diese fraßen und verschlangen die ersten,
21
und gleichwohl verriet nichts, dass sie gesättigt waren, sondern sie waren mager und hässlich, wie zuvor. Da erwachte ich, und wieder vom Schlafe überwältigt,
22
hatte ich diesen Traum: Sieben Ähren wuchsen an einem Halme sehr voll und schön.
23
Dann wuchsen aus dem Halme sieben andere hervor, dürr und vom Glutwind versengt.
24
und die dürren verschlangen die ersten schönen. Ich habe den Wahrsagern den Traum erzählt, aber keiner kann ihn auslegen.
25
Da antwortete Joseph: Der Traum des Königs ist ein und derselbe! Gott verkündigt dem Pharao, was er tun will.
26
Die sieben schönen Kühe und die sieben vollen Ähren sind sieben fruchtbare Jahre; und haben dieselbe Bedeutung im Traume.
27
Die sieben dürren und mageren Kühe, die nach ihnen heraufsteigen, und die sieben dünnen, vom Glutwind verbrannten Ähren sind sieben Jahre einer kommenden Hungersnot.
28
Die Jahre werden so aufeinander folgen:
29
Siehe, es werden sieben Jahre kommen, in denen im ganzen Lande Ägypten große Fruchtbarkeit herrscht;
30
nach diesen werden sieben andere Jahre von solcher Unfruchtbarkeit folgen, dass man des früheren Überflusses ganz vergessen wird, denn die Hungersnot wird das ganze Land aufreiben
31
und die Größe des Mangels wird die Größe des Überflusses vernichten.
32
Dass du aber einen Traum zweimal hattest, der dieselbe Sache betrifft, ist das Anzeichen der Gewissheit, mit der Gottes Verkündigung in Erfüllung geht und bald verwirklicht wird.
33
So sehe sich der König nun um einen weisen und tätigen Mann um und setze ihn über das Land Ägypten;
34
und dieser setze Aufseher über alle Landschaften und sammle den fünften Teil der Früchte während der sieben Jahre der Fruchtbarkeit,
35
die schon jetzt kommen werden, in Vorratshäuser auf, und alles Getreide werde mit Pharaos Vollmacht und in den Städten aufgeschüttet und aufbewahrt.
36
So werde ein Vorrat geschaffen für die sieben Jahre der Hungersnot, welche Ägypten bedrängen wird, und so wird das Land nicht durch Mangel zu Grunde gehen.

Josephs Aufstieg zur Macht

37
Dieser Rat gefiel dem Pharao und allen seinen Dienern wohl,
38
und er sprach zu ihnen: Könnten wir wohl einen Mann finden, der voll des Geistes Gottes ist, wie dieser?
39
So sprach er den zu Joseph: Weil Gott dir alles kundgetan hat, was du gesagt hast, könnte ich da wohl einen Mann finden, der weiser als du, oder dir vergleichbar wäre?
40
Du sollst über mein Haus gesetzt sein, und dem Befehle deines Mundes soll das gesamte Volk gehorchen; nur durch den Königsthron allein werde ich höher sein als du.
41
Und wiederum sprach Pharao zu Joseph: Siehe, ich setze dich über das ganze Land Ägypten.
42
Und er zog den Ring von seiner Hand, und steckte ihn an Josephs Hand, und ließ ihn mit einem Kleide von feinstem Linnen bekleiden, und legte eine goldene Kette um seinen Hals.
43
Alsdann ließ er ihn seinen zweiten Wagen besteigen, und durch einen Herold vor ihm her rufen, dass alle vor ihm ihre Kniee beugen und wissen sollten, dass er über das ganze Land Ägypten gesetzt sei.
44
Auch sprach der König zu Joseph: Ich bin Pharao; ohne deinen Willen soll niemand im ganzen Lande Ägypten Hand oder Fuß regen.
45
Und er änderte seinen Namen, und nannte ihn in ägyptischer Sprache Reiter der Welt, und gab ihm Aseneth, die Tochter des Putiphare, des Priesters von Heliopolis zum Weibe. So bereiste Joseph das Land Ägypten.
46
(dreißig Jahre war er alt, als er vor dem König Pharao stand,) und zog durch alle Landschaften Ägyptens.
47
Und es kam die Fruchtbarkeit der sieben Jahre, und die Früchte wurden in Garben gebunden und in die Vorratshäuser Ägyptens gesammelt,
48
und aller Überfluss der Früchte ward in den einzelnen Städten hinterlegt.
49
So groß war der Überfluss an Getreide, dass er dem Sande am Meere gleich wurde und vor Menge nicht mehr zu messen war.
50
Dem Joseph aber wurden, ehe die Hungersnot ausbrach, zwei Söhne geboren, welche ihm Aseneth, die Tochter Putiphares, des Priesters von Heliopolis gebar.
51
Und er nannte den Namen des Erstgeborenen Manasses, indem er sprach: Gott hat mich alle meine Mühsale und das Haus meines Vaters vergessen lassen.
52
Den Namen des zweiten nannte er Ephraim, denn er sprach: Gott hat mich fruchtbar gemacht im Lande meiner Armut.
53
Als nun die sieben Jahre des Überflusses in Ägypten vorübergegangen waren,
54
begannen die sieben Jahre der Not zu kommen, welche Joseph vorhergesagt hatte, und die Hungersnot nahm in allen Landen überhand, im ganzen Lande Ägypten aber war Brot.
55
Als nun auch dieses Hunger litt, rief das Volk zu Pharao um Nahrung. Er antwortete ihnen: Gehet zu Joseph; und alles, was er euch sagen wird, tuet!
56
Die Hungersnot aber nahm alle Tage im ganzen Lande zu; da öffnete Joseph alle Vorratshäuser und verkaufte den Ägyptern Getreide, denn auch sie drückte der Hunger hart.
57
Und alle Länder kamen nach Ägypten, um Getreide zu kaufen und der harten Not zu steuern.